Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 25. März 2021 (2 BvF 1/20, 2 BvL 5/20, 2 BvL 4/20) entschied, dass das Berliner Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (“Berliner Mietendeckel”) mit dem deutschen Grundgesetz unvereinbar und daher nichtig ist, war der Unmut der Berliner Mieter:innen groß.
Denn bezahlbarer Wohnraum wird knapp – insbesondere in den großen Städten Deutschlands. Die Mietpreisbremse soll daher dort gelten, wo ein angespannter Wohnungsmarkt besteht und bleibt leider weiterhin das einzige rechtliche Mittel für Mieter:innen, um den Mietzins auf höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete beschränken zu können.
Wie Sie Ihre Rechte durchsetzen können und was Sie dabei zu beachten haben, lesen Sie hier.
1. Ist die Mietpreisbremse für mich überhaupt anwendbar?
Sollten Sie Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Höhe des Ihrerseits zu entrichtenden Mietzinses haben, stellt sich zunächst die Frage, ob die gesetzlichen Regelungen der Mietpreisbremse für Sie überhaupt Anwendung finden. Die Mietpreisbremse gilt immer dort, wo ein angespannter Wohnungsmarkt durch die einzelnen Bundesländer festgestellt wurde. Dies gilt dann für fünf Jahre. Die einzelnen Länder können nach diesem Zeitraum Verlängerung bis zum 31. Dezember 2025 beantragen. In Berlin hat der Senat zum 19. Mai 2020 die Verordnung zur zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn gemäß § 556d Abs. 2 BGB (Mietenbegrenzungsverordnung) erlassen (GVBI. S. 343) und die Mietpreisbremse somit bis Ende 2025 verlängert.
2. Berechnung des Mietspiegels (ortsübliche Vergleichsmiete)
Nach Feststellung der Anwendbarkeit des gesetzlichen Mietendeckels ist im nächsten Schritt der Mietspiegel bzw. die ortsübliche Vergleichsmiete Ihrer Wohnadresse zu ermitteln. Es gibt hierzu einige von den einzelnen Ländern bzw. Städten zur Verfügung gestellte Onlineportale, auf welchen Ihnen die Berechnung des Mietspiegels möglich ist. Stellen Sie nach dieser Ermittlung fest, dass die Ihrerseits gezahlte Nettokaltmiete die ortsübliche Vergleichsmiete (Euro/m²/mtl.) um mehr als 10 % übersteigt, könnte dies Anlass dafür sein in Erwägung zu ziehen, die nächsten Schritte einzuleiten.
3. Das Rügeschreiben
Im weiteren Verlauf kann es sich dann anbieten, ein sog. Rügeschreiben aufzusetzen, bei welchem Sie Ihren Vermieter darüber in Kenntnis setzen, dass die von Ihnen gezahlte Nettokaltmiete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 % übersteigt. Es ergeben sich hieraus eine Vielzahl von gesetzlichen Ansprüchen, die auch im Rahmen dieses Rügeschreibens geltend gemacht und mit einer oder mehrerer Forderung(en) gegen Ihren Vermieter verbunden werden können. Gerne stehen wir Ihnen mit kompetenter Beratung hinsichtlich der formell korrekten Geltendmachung der sich aus der Mietpreisbremse ergebenden Rechte bei.
4. Gibt es Ausnahmen?
Ja. Die Mietpreisbremse gilt nicht unbeschränkt, für Neubauten (Wohnraum nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet) findet sie aus Sorge, dass Investoren gehemmt werden könnten neuen Wohnraum zu schaffen, keine Anwendung. Dementsprechend gilt sie grundsätzlich bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen. Allerdings gibt es auch hiervon ein paar Ausnahmen. Insbesondere wenn in bestehenden Wohnungen Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen wurden, findet die Mietpreisbremse keine Anwendung, um die Kosten des Vermieters für die Modernisierungsmaßnahmen auszugleichen. Daher ist die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung von der Mietpreisbremse ausgenommen. Wann eine umfassende Modernisierung anzunehmen ist, wurde durch den BGH (VIII ZR 369/18) präzisiert: Ein wesentlicher Bauaufwand im Sinne einer umfassenden Modernisierung kann dann angenommen werden, wenn die Kosten ca. ⅓ des für eine Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreichen. Nur dann ist die Anwendung der Mietpreisbremse ausgeschlossen.
Wichtig zu wissen ist auch, dass Ihr Vermieter Sie bei Unterzeichnung des Mietvertrages schriftlich in Kenntnis darüber zu setzen hat, dass die Mietpreisbremse aufgrund von umfassenden Modernisierungen keine Anwendung findet. Unterlässt er dies, kann er sich nicht darauf berufen, dass die Mietpreisbremse für Ihr Mietverhältnis keine Anwendung findet. Für den Vermieter besteht allerdings die Möglichkeit, dieses Schriftformerfordernis nachzuholen, er kann aber erst zwei Jahre nach Nachholung der Auskunft darüber, dass die Mietpreisbremse für Sie keine Anwendung findet, die Miete anheben. Sollte der Vermieter gegen dieses Schriftformerfordernis verstoßen haben, aber dennoch einen über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Mietzins verlangen, ist die vereinbarte Nettokaltmiete von Gesetzes wegen nichtig und muss bis zwei Jahre nach Nachholung der schriftlichen Auskunft durch den Vermieter auf den an Ihrer Wohnadresse geltenden Mietspiegel herabgesetzt werden.
Modernisierungsmaßnahmen, die nicht als “umfassend” gelten, können auch eine Miete oberhalb des Preisdeckels unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigen. Sprechen Sie uns gerne hierauf an!
Hat der Vermieter beim Vormieter die Miete bereits oberhalb des Mietspiegels angesetzt, so darf der Vermieter sich auf den Bestandsschutz berufen. Vermieter dürfen eine damals zulässig vereinbarte Miete bei Wiedervermietung also auch weiterhin verlangen. Die Mietpreisbremse findet keine Anwendung.
5. Welche Rechte stehen mir zu?
Aus der Mietpreisbremse ergeben sich eine Reihe von Ansprüchen. Seit dem 1. Januar 2019 ist der Vermieter dazu verpflichtet, Ihnen unaufgefordert und schriftlich vor Vertragsschluss offenzulegen, wie viel Miete vom Vormieter verlangt wurde. Dieses Recht steht Ihnen dann zu, wenn von Ihnen eine Zahlung der Miete verlangt wird, die 10 % über der zulässigen ortsüblichen Vergleichsmiete veranschlagt werden soll.
Zudem hat er im Falle von der bereits oben geschilderten Modernisierungsumlage schriftlich und dezidiert Auskunft darüber zu erteilen, von welcher Ausnahmeregelung der Vermieter Gebrauch macht. Tut er dies nicht, können Sie dies grds. formlos rügen und die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete senken. Erst wenn der Vermieter diese Auskunft nachgeholt hat, kann er zwei Jahre nach Nachholung die Miete entsprechend wieder erhöhen. Ferner können Sie unter bestimmten Voraussetzungen ab Zugang des Rügeschreibens beim Vermieter die Differenz des zu viel entrichteten Mietzinses einbehalten.
Zudem wurden mit Wirkung vom 1. April 2020 die sich aus der Mietpreisbremse ergebenden Rechte für Mieter:innen geschärft. Diese können seit dem bei Mietverhältnissen, die ab dem 1. April 2020 begründet wurden, die zu viel gezahlte Miete rückwirkend zurückfordern. Diese Regelung greift dann, wenn die Mieter:innen die überhöhte Miete innerhalb von 30 Monaten nach Beginn des Mietverhältnisses rügen und das Mietverhältnis noch nicht beendet war. Rügen, die später als 30 Monate ab Beginn erhoben werden, rechtfertigen lediglich ein Rückforderungsrecht für Mieten, die nach der Rüge fällig geworden sind.
Für bereits bestehende Mietverträge, die bis einschließlich 31. März 2020 geschlossen wurden, wirkt die Rüge nur für die Zukunft, überzahlte Miete kann also nur ab Rüge zurückverlangt werden. In seltenen Fällen kann jedoch ein Schadensersatzanspruch auf Rückgewähr der gesamten überzahlten Miete in Betracht kommen, wenn die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.
Zudem können Sie im Rahmen des Rügeschreibens um dezidierte Auskunft hinsichtlich der Umstände oder Tatsachen bitten, die für die Zulässigkeit der ursprünglich vereinbarten Miete maßgeblich sind, wie beispielsweise der Energieverbrauch (in kWh/qm/a) oder das Baujahr des Gebäudes. So können Sie im Zweifelsfall bei Ihrer Ermittlung der zulässigen Höchstmiete abschließend sicher sein, wie die ursprünglich vereinbarte Nettokaltmiete zustande gekommen ist und ob eine Senkung der Miete in Betracht kommt.
Sollte eine Mietsenkung tatsächlich gerechtfertigt sein, haben Sie zudem einen Anspruch auf Herausgabe der anteilig zu viel gezahlten Kaution in Form einer Geldzahlung.
Sollte sich Ihr Vermieter weiterhin weigern, die Mietsenkung zu akzeptieren, steht Ihnen final immer noch der Rechtsweg offen. Auch die sich hier ergebenden sog. Rechtsverfolgungskosten (Schadensersatzansprüche), die z.B. durch Rechtsberatung oder ein gerichtliches Verfahren entstehen können, können Sie im Falle des Obsiegens vom Vermieter verlangen. Gerne stehen wir Ihnen zur Verfügung und beraten Sie gerne.